Von Luis Antonio Guijarro Santos am 9. April 2020

Stellungnahme zum europäischen Stabilitätsmechanismus

kessler&partner, federführend vertreten durch Unterzeichner Rechtsanwalt Dr. Arvid Siebert, hat in den Jahren 2012/2013 einen Antragsteller im einstweiligen Anordnungsverfahren sowie im Hauptsacheverfahren vor dem Bundesverfassungsgericht zum europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) vertreten und hat dadurch tiefe Einblicke in die Finanzierungsthematik der EU gewonnen. Nunmehr gibt es Auseinandersetzungen zwischen den EU-Staaten im Hinblick auf die finanzielle Bewältigung der Corona-Krise.

kessler&partner bezieht wie folgt Stellung: Die Corona Pandemie ist eine völlig andere Thematik als die Euro Krise und die Nichtbeachtung von EU-Regeln durch einzelne Mitgliedstaaten. Die EU-Mitgliedschaft ist keine Einbahnstraße, sondern eine soziale und wirtschaftliche Solidargemeinschaft. Deutschland ist zudem – was oftmals übergangen wird – auf die EU und auf wirtschaftlich starke Staaten in Süd-Europa ebenso angewiesen wie umgekehrt. In dieser globalen Krise gilt es einen Riss in Europa zu vermeiden, zu Lösungen zu kommen und die Europäische Idee nicht nur zu propagieren, sondern zu leben.

kessler&partner schlägt Folgendes vor:

  1. Euro-Bonds sollten in einem summenmäßig begrenzten Umfang in der jetzigen Pandemie zugelassen werden. Auflagen sollten insoweit nicht erteilt werden. Erst dann, wenn Euro-Staaten für Mittel, die andere Euro-Staaten über Euro-Bonds vereinnahmt haben, in die Haftung genommen werden, muss es Auflagen für das Land geben, welches nicht mehr zahlungsfähig ist.

Ergänzend zu den Euro-Bonds sind selbstverständlich die anderen EU-Finanzmaßnahmen zu sehen, sodass es deshalb auch gerechtfertigt ist, die Summe der Euro-Bonds insgesamt zu begrenzen.

  1. Eine gemeinsame EU-Finanzierung, gegebenenfalls ebenfalls über Euro-Bonds, könnte und sollte auch für die Beteiligung an für die jeweiligen Volkswirtschaften bedeutsamen Unternehmen bereitgestellt werden, wenn diese in der Krise zu stabilisieren und gegebenenfalls neu auszurichten sind. Die Beteiligungen könnten als Sicherung eingesetzt werden. Den Anteilseignern der entsprechenden Unternehmen müsste es möglich sein, die staatlichen Anteile zurückzukaufen, wenn die Krise überwunden ist. Dies sollte dann zum tatsächlichen Wert der Beteiligungen erfolgen. Auf diese Weise könnten die jeweiligen Volkswirtschaften gestärkt werden, Insolvenzen vermieden und Arbeitsplätze erhalten werden.
  2. Angegangen werden könnten über Euro-Bonds auch gemeinsame europäische Interessen im Bereich des Ausbaus der Infrastruktur, Straßen, Brücken, Schienenwege etc., weil dies dem gemeinsamen Wirtschaftsraum zugutekommt, Arbeitsplätze schafft, den Waren- und Dienstleistungsaustausch fördert und Werte geschaffen werden, die gegebenenfalls auch als Sicherheit zur Verfügung stehen könnten.
  3. Schließlich könnten auch europaweit Krankenhäuser nach einheitlichem europäischen Maßstab mit Qualitätsanforderungen geschaffen werden, die gerade auch bei globalen und nationalen Krisen eingesetzt werden könnten und jeweils für ihren Einzugsbereich Koordinations- und Versorgungszentrum mit Know-How und Material wären. Eine solche europäische Krankenhausgesellschaft könnte zu einem späteren Zeitpunkt auch privatisiert werden, müsste aber strenger staatlicher Aufsicht unterliegen.

Bremen, 09.04.2020

Dr. Siebert                  Guijarro Santos                      Matzke                        Lautebach

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